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100 Jahre SPD St. Hubert

100JStHu

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freunde der Sozialdemokratie St. Hubert,

vor 100 Jahren gründete sich die SPD-St. Hubert. Für uns St. Huberter Sozialdemokraten ist dieses Jubiläum etwas ganz Besonderes. Zum einen war der Weg in unserer Geschichte auch hier in St. Hubert mehr als steinig, zum anderen feiern wir mit dem "100jährigen" den Geburtstag der ältesten politischen Organisation in unserem Ort.

Gründervater war Georg Rongen. Er war beim Matrosenaufstand in Kiel dabei und versammelte am 15. November 1918 in seiner Wohnung weitere Arbeiter, um über die neue politische Lage zu beraten: Peter Erkens, Heinrich Kinders, Jakob Kols, Heinrich und Mathias Horster. Sie vereinbarten in St. Hubert, die Sozialdemokratische Partei zu gründen.

1918 war kein Jahr, wie jedes andere. 1918 ist uns allen als das Jahr bekannt, in dem der 1. Weltkrieg endete und die erste Republik auf deutschem Boden entstand. Die Novemberrevolution von 1918 führte in der Endphase des Ersten Weltkrieges zum Sturz der Monarchie. Das Reich wandelte sich zu einer parlamentarischen Demokratie. Die Weimarer Republik entstand. In der Rückschau erscheint einem das logisch und zwangsläufig. Doch so zwangsläufig war das keineswegs.

Sich in dieser aufwühlenden und umkämpften Zeit klar und deutlich zur SPD zu bekennen und die SPD-St. Hubert zu gründen, war ein bemerkenswerter Schritt und ein deutliches Bekenntnis zur Demokratie.

Georg Rongen meldete am 17. November 1918 die Partei offiziell an. Für den 30. November plante man die erste öffentliche Versammlung. Dabei war die Saalsuche gar nicht so einfach. Fast alle St. Huberter Wirte erteilten Absagen. Nach langem Zögern schließlich durfte man das Lokal des Gastwirtes Josef Struven benutzen. Ende November traten dort 38 St. Huberter der SPD bei.

Der politischen Konkurrenz und den Behörden missfiel das sehr. Georg Rongen wurde wirtschaftlich unter Druck gesetzt und er verlor seine Stelle als Gemeindearbeiter. Einem anderen Gastwirt sollte die Hypothek gekündigt werden, wenn er den Roten sein Lokal zur Verfügung stellen würde.

Als aber am 22. Januar des folgenden Jahres die erste Parlamentswahl stattfand, bestanden die jungen Sozialdemokraten ihre erste Feuerprobe. Während das Zentrum in St. Hubert knapp 85 Prozent der Stimmen erhielt, erreichte die SPD 9,9 Prozent. Damals war das ein beachtliches Ergebnis. Für die SPD in Bayern wäre es heute auch schon ein Erfolg.

Für die SPD St. Hubert war es erst der Beginn. Nach Georg Rongen und Franz Mormels übernahm 1919 der Redakteur Hermann Baer den Vorsitz. Er führte die Partei in die Gemeinderatswahl im Dezember 1919. Dort erhielt die SPD schon über 15 Prozent der Stimmen. Peter Erkens und Franz Mormels zogen in den Gemeinderat ein - 2 Sitze gegenüber 16 Sitzen der 4 Gruppen des bürgerlichen Lagers. Auf eine gemeinsame Liste konnten sich die bürgerlichen Parteien zwar nicht einigen.

Einigen konnten sie sich aber, dass sie den gemeinsamen Feind, die Sozialdemokratie, bekämpfen wollten. Nach dem Start als reine Männertruppe ergriffen in der St. Huberter SPD auch bald Frauen das Wort. Bei Wahlen im Mai 1924 zog schließlich die Genossin Evertz in den Rat ein.

Die Führungsrolle der SPD blieb aber lange Jahre bei Hermann Baer. Am 25. April 1933 nahm er letztmalig an einer Kreistagssitzung teil. Gegen die Stimmen der SPD und mit Unterstützung des Zentrums war in Berlin das Ermächtigungsgesetz beschlossen worden. Die SPD wurde in der Folge verboten. Wie die KPD und im Gegensatz zu allen anderen Parteien löste sich die SPD aber nicht freiwillig auf. Offen agieren konnte sie nun jedoch viele Jahre nicht mehr. Führenden St. Huberter SPD-Vertretern blieben Schikanen und Drohungen nicht erspart. Von einer Haft blieben sie aber verschont.

Die SPD blieb die einzige Partei in Deutschland, die sich bis zum Ende der Weimarer Republik und darüber hinaus zur Republik und zur Demokratie bekannte. Die SPD ist die älteste und traditionsreichste Partei in Deutschland. Sie musste sich niemals umbenennen, um sich von unrühmlicher undemokratischer Geschichte frei zu sprechen.

Zum Ende des Weltkrieges war es dann wieder Georg Rungen, der bereits vor dem Einmarsch der Alliierten Kontakte zu alten Mitgliedern der St. Huberter und auch Kempener SPD knüpfte. Vorsitzende nach 1945 bis 1970 waren neben Georg Rongen, Jakob Weber, Willi Janssen, Jakob Nagels, Franz Schiefner und Ernst Boers. Gerade in den 60er Jahren hat St. Hubert durch die SPD in der Gemeinderatsarbeit so manche Sternstunde erlebt. "Hier war immer was los", erzählen ältere St. Huberter über die damalige Kommunalpolitik.

Die SPD hat viel für die Bürger unseres Ortes bewirkt. Mit der kommunalen Neugliederung 1970 wurden jedoch neue Parteistrukturen nötig. Die St. Huberter übernahmen dann auch in der SPD-Kempen weiter maßgeblich Verantwortung. Viele von euch, die sich nach und zum Teil noch mit Ernst Boers für unsere Partei eingesetzt haben sind heute hier.

Heute, 100 Jahre nach der Gründung in St. Hubert und 155 nach der Parteigründung in Leipzig leben wir Demokratie noch immer vom Ortsverein bis in den Bundestag. Ich hoffe, dass Ihr das auch so empfindet. Mir ist das sehr wichtig, liebe Genossinnen und Genossen.

Ich weiß, St. Hubert, wie auch der große Rest unseres Kreises, ist ein schwierig zu beackerndes Feld für uns Sozialdemokraten. Aber unsere Aufgabe ist es, den Wandel anzupacken, ihn anzunehmen und ihn zu einem Erfolg zu machen. Unsere Grundwerte von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität sind dabei unser Kompass. Die Erinnerung an unsere Vorgänger und die unvergleichlichen Umstände, unter denen sie lebten und sich zur SPD bekannten, sind uns Beispiel und Richtschnur. In diesem Sinne wünsche ich uns weitere mindestens 100 Jahre. Zum 150. werde ich allerdings nicht sprechen können. Vielen Dank.

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